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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 25.11.2004
Aktenzeichen: 6 U 9/04
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14 II 2
Zwischen der Bezeichnung "Snow-Koks" für ein Biermischgetränk und der für Energy-Drinks eingetragenen Marke "Koks" besteht keine Verwechslungsgefahr.
Gründe:

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 118 ff. d. A.) wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagten zunächst gemäß ihrem Anerkenntnis verurteilt, es zu unterlassen, das Zeichen "SNOW koks" für "energy-beermix"-Getränke zu benutzen wie auf den Etiketten gemäß Seite 3 der Klageschrift (Bl. 3 d. A.). Darüber hinaus hat es die Beklagte verurteilt, das Zeichen "Snow Koks" für Bier und Biermischgetränke sowie die Internet-Domain "....de" für die Bewerbung und den Verkauf von "energy-beermix"-Getränke zu benutzen. Die Beklagten zu 2), 3), 4) und 5) hat es darüber hinaus verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Teillöschung ihrer deutschen Marke "Snow Koks" hinsichtlich der Waren Bier und Biermischgetränke einzuwilligen. Die Beklagten zu 1), 2) und 3) schließlich hat es verurteilt, Auskunft hinsichtlich der untersagten Handlungen zu erteilen und deren Schadensersatzpflicht dem Grunde nach festgestellt.

Gegen dieses Urteil, soweit es nicht den anerkannten Unterlassungsanspruch bezüglich des Etiketts betrifft, richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie sind der Ansicht, das Zeichen "Snow Koks" verletze, abgesehen von der konkreten Verwendungsform auf dem Flaschenetikett, nicht die Rechte des Klägers an der Wortmarke "Koks", die für Getränke, u. a. auch für Limonaden und Biere sowie Energy-Drinks eingetragen ist. Die Beklagten zu 1), 2) und 3) vertreten darüber hinaus die Auffassung, dass sie auch bezüglich des anerkannten Unterlassungsanspruchs nicht zu Schadensersatz und damit nicht zur Auskunftserteilung verpflichtet seien, weil sie nicht schuldhaft gehandelt hätten.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen,

1) als die Beklagten verurteilt wurden, (es zu unterlassen,)

a) das Zeichen "Snow Koks" auf Bier und Biermischgetränken oder deren Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter diesem Zeichen solche Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen und/oder unter diesen Zeichen solche Waren einzuführen oder auszuführen und/oder das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung für solche Waren zu benutzen,

b) die Internet-Domain "snow-koks.de" für die Bewerbung und den Verkauf von "energy-beermix-Getränken zu benutzen.

2) als die Beklagten zu 2, 3, 4 und 5 verurteilt wurden, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Teillöschung ihrer deutschen Marke ... "Snow Koks" hinsichtlich der Waren "Bier, Biermischgetränke" einzuwilligen,

3) als festgestellt wird, dass die Beklagten zu 1, 2 und 3 gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger jeden Schaden zu ersetzen, der ihm durch Handlungen gemäß Ziffer 1 des Teilanerkenntnis- und Schlussurteils des LG Frankfurt am Main vom 03.12.2003 entstanden ist oder noch entstehen wird,

4) als die Beklagten zu 1, 2 und 3 verurteilt wurden, dem Kläger hinsichtlich ihrer Handlungen gemäß Ziffer 1 des Teilanerkenntnis- und Schlussurteils des LG Frankfurt am Main vom 03.12.2003 Auskunft zu erteilen über

a) Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

b) ausgelieferte Mengen,

c) erzielte Umsätze und Gewinne.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten, das Zeichen "Snow Koks" für Bier und Biermischgetränke nicht zu benutzen. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 4, 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 Markengesetz, weil keine Verwechslungsgefahr besteht.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Zu berücksichtigende Faktoren sind die Kennzeichnungskraft der geltend gemachten Marke, die Ähnlichkeit mit dem angegriffenen Zeichen und die Ähnlichkeit der betreffenden Warenart. Entscheidend ist die Sichtweise des Durchschnittsverbrauchers der betreffenden Warenart. Die zu Gunsten des Klägers geschützte Wortmarke "Koks" ist u.a. für Biere und Energy-Drinks eingetragen. Die Beklagten vertreiben unter der Bezeichnung "Snow Koks" ein Biermischgetränk, das aus Starkbier und koffeinhaltiger Zitronenlimonade besteht, also ein "energy-beermix"-Getränk. Zu dem maßgeblichen "Publikum" im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz zählt jeder, der aktueller oder potenzieller Abnehmer der maßgeblichen Waren, hier also Bier und Energy-Drinks, ist; das sind die jeweiligen Händler und vor allem die Endabnehmer (Ingerl/Rohnke, Markengesetz 2. Auflage, § 14 Rdn. 280). Für eine Begrenzung auf den als "Party-Szene" zu bezeichnenden Kreis der Besucher von Partys besteht aus zwei Gründen keine Veranlassung: Zum einen erscheint es denkbar, dass eine "Partyszene" existiert, die weder Bier noch Energy-Drinks konsumiert. Zum zweiten gibt es keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass Bier und Energy-Drinks ausschließlich von Besuchern von Partys konsumiert werden.

Aus Sicht der angesprochenen Verbraucher besteht zwischen Bieren und Energy-Drinks, für die die Wortmarke "Koks" eingetragen ist, einerseits und dem von den Beklagten vertriebenen "energy-beermix"-Getränk eine Warenidentität. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Marke "Koks" für Biere und Energy-Drinks auszugehen. Trotz Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft fehlt es jedoch an der erforderlichen Zeichenähnlichkeit. Diese vermag weder eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne noch im weiteren Sinne zu begründen.

Entscheidend für eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne ist der Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen, und zwar auch dann, wenn das geschützte Zeichen identisch in dem verletzenden enthalten ist (BGH WRP 2002, 534, 535 - BIG). Anhaltspunkte dafür, dass der Zeichenbestandteil "Snow" gegenüber dem Zeichenbestandteil "Koks" dermaßen zurücktritt, dass er für den Gesamteindruck vernachlässigt werden kann, bestehen nicht. Hierfür würde es nicht einmal ausreichen, dass der Zeichenbestandteil "Koks" den Gesamteindruck des Zeichens "Snow Koks" wesentlich mitbestimmt (BGH a.a.O.). Es stehen sich daher die Zeichen "Koks" und "Snow Koks" gegenüber. Eine hinreichende, die Verwechslungsgefahr begründende klangliche oder schriftbildliche Ähnlichkeit beider Wortzeichen scheidet aus, sodass die Frage bleibt, ob eine Ähnlichkeit im Sinngehalt zur Verwechslungsgefahr führt. Der Kläger argumentiert in diesem Zusammenhang, bei der Bezeichnung "Snow Koks" handele es sich um einen Pleonasmus, da sowohl der Begriff "Koks" als auch der Begriff "Snow" von den angesprochenen Verkehrskreisen sofort als Synonym für "Kokain" verstanden würden. Daher stünden sich letztlich die Zeichen "Kokain" und "Kokain Kokain" gegenüber. Dieser Argumentation schließt sich der Senat nicht an. Zum einen ist durchaus zweifelhaft, ob die angesprochenen Verkehrskreise sowohl mit dem Begriff "Koks" als auch mit Begriff "Snow" sofort und ausschließlich Kokain assoziieren. Gerade in Verbindung mit dem Wort "Koks" ergäbe diese Übersetzung des Begriffs "Snow" auch gar keinen Sinn. Der Teil der angesprochenen Verkehrskreise jedoch, der die Bezeichnung "Snow Koks" als doppelte Verwendung des Begriffs "Kokain" erkennt, ist sich auch der gewissen Originalität, die in diesem Pleonasmus liegt, bewusst und setzt den Begriff "Snow Koks" deshalb nicht mit der Bezeichnung "Koks" gleich.

Ebenso wenig liegt eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 letzte Alternative vor. Eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens besteht, wenn die sich gegenüberstehenden Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, dem gleichen Zeicheninhaber zuordnen (BGH GRUR 2002, 542, 544 - BIG). Voraussetzung für die Annahme einer Markenrechtsverletzung ist neben dem kennzeichenrechtlichen Schutz des Stammbestandteils, dass der Markeninhaber eine Zeichenserie mit diesem Bestandteil gebildet hat, oder (wenigstens) geltend macht, der fragliche Bestandteil werde vom Verkehr als geeignet für die Bildung einer Zeichenserie angesehen (BGH a.a.O. mit weiteren Nachweisen). An beidem fehlt es hier. Es ist weder vorgetragen, noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Bezeichnung "Koks" geeignet sein könnte, sich im Verkehr als Stammbestandteil für ein Serienzeichen für Biere und Energy-Getränke zu etablieren. Jedenfalls in Verbindung mit der Bezeichnung "Snow" ist dies auch deshalb fernliegend, weil die angesprochenen Verkehrskreise "Snow Koks" entweder als originelle Verdoppelung der Bezeichnung "Kokain" erkennen und den Bestandteil "Koks" deswegen keine Funktion als Stammbestandteil beimessen, oder "Snow" mit "Schnee" übersetzen und damit in dem zusammengesetzten Zeichen "Snow Koks" keine sinnvolle Untergruppe des Zeichenstamms "Koks" erkennen.

Aus den dargelegten Gründen kann der Kläger auch nicht gegen die Internet-Domain "....de" vorgehen und (Teil-)Löschung der Marke der Beklagten zu 2) bis 5) verlangen.

Keinen Erfolg hat die Berufung hingegen, soweit sich die Beklagten zu 1), 2) und 3) gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung und die Feststellung ihrer Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach wegen der Verwendung des Flaschenetiketts "SNOW Koks", wie auf Bl. 3 d. A. ersichtlich, wenden. Den Beklagten ist hier jedenfalls Fahrlässigkeit vorzuwerfen, weil sie bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätten erkennen können, dass der Bestandteil "SNOW" auf diesen Etiketten derart in den Hintergrund rückt, dass das Wort "Koks" wie ein eigenständiges Kennzeichen wirkt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und berücksichtigt die unterschiedliche Beteiligung der Beklagten an diesem Verfahren und ihr unterschiedliches Obsiegen und Unterliegen in der ersten und in der zweiten Instanz.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgericht erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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